Über die Ernährung in Kindergärten, Schulen, Kantinen, Seniorenheimen und Klinken erreicht man tagtäglich Millionen von Menschen. Vor allem in Kliniken sollten Speisepläne überarbeitet werden, meint Burkart Schmid.
Essen kann krank machen – oder die Gesundheit stärken. Das ist nun wirklich Allgemeinwissen. Manchmal aber zweifelt man schon daran, ob es sich tatsächlich überall rumgesprochen hat. Warum ausgerechnet in Krankenhäusern die Mahlzeiten häufig einen schlechten Ruf haben, versteht niemand. Ist doch bekannt, dass eine ausgewogene Ernährung den Heilungsprozess fördert. Und Heilung ist es, wofür die Patienten in der Klinik sind. Nach Studienergebnissen werden rund 80 Prozent unserer Erkrankungen durch falsche Ernährung verursacht. Fakt ist, dass in der Betriebsgastronomie – und damit in Unternehmen – mehr über diesen Aspekt diskutiert wird, als dort, wo die Kernkompetenz „Gesundung, Genesung, Heilung“ heißt. Verrückte Welt. Alles Wissen aus der Ernährungsmedizin zielt darauf ab, Krankheiten durch Umstellung der Essgewohnheiten zu lindern oder im besten Fall zu heilen. Selbst bei schweren Erkrankungen kann bei Berücksichtigung eines ausgearbeiteten Speisenplans die Therapie unterstützt werden. Und längst ist durch Studien bewiesen, dass bei längeren Liegezeiten eine Fehl und Mangelernährung zu einer höheren Sterblichkeit führen kann. Fazit: Gesundes, ausgewogenes und vitaminreiches Essen ist für kranke Menschen enorm wichtig, um den Heilprozess zu fördern und das Immunsystem zu stärken.
Dazu gibt es von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung einen klar definierten Qualitätsstandard für die Krankenhausverpflegung. Leider sind diese Empfehlungen keineswegs verpflichtend. Man hat den Eindruck, dass es die Träger nicht wirklich interessiert. Was die neue, 5. Care-Studie von DKI und K&P Consulting an den Tag fördert, ist eine Verschlechterung der Ausstattung der Küchen. Das Durchschnittsalter einer Küche ist in den vergangenen zehn Jahren von 22 auf 29 Jahre gestiegen, stellen die Marktforscher fest. Die letzte Sanierung erfolgte im Mittel vor elf Jahren. Das nennt man Investitionsstau. In der Küche kann man es sich leisten, so die Annahme.
Es gibt sicher viele Gründe, warum industriell gefertigte Speisen auf dem Vormarsch sind, wie die Studie weiter feststellt. Was auf Entscheiderebene fehlt, ist ein durchgehendes Qualitätsbewusstsein, das ein Verpflegungsmanager einer Krankenhaus-Gruppe im Ruhrgebiet einmal so formulierte: „Beschaffe gute Lebensmittel, verarbeite diese mit Respekt und fachlichem Können, sodass ein hochqualitatives Endprodukt entsteht“. Wie weit viele Häuser von dieser schlichten Erkenntnis entfernt sind, zeigten kürzlich zwei Stichproben im Auftrag der NDR-Sendung „Die Tricks der Krankenhäuser“. Getestet wurde ein Menü, bestehend aus Rumpsteak mit Spargel, Kartoffeln und Sauce Hollandaise. Die zweite Probe servierte Kalbsgulasch mit Nudeln und Salat. Beides fiel bei dem Ernährungsmediziner durch. O-Ton: „Leider zeigt die Nährstoffanalyse ganz klar, dass von den
Vitaminen und Mineralstoffen quasi nichts vorhanden ist. Wenn ein Patient längere Zeit mit so einem Essen versorgt wird, dann ist er ganz klar mangel- und fehlernährt.“ Beträge von 4 Euro für Lebensmittel pro Tag und Patient reichen für eine gesunde Ernährung nicht aus. Wer fortschrittliche Medizin wünscht, muss die Ernährungsangebote an aktuellen Erkenntnissen ausrichten. Alles andere ist einer modernen Gesellschaft unwürdig.
---------
Über den Autor: Burkart Schmid ist Chefredakteur der gv-praxis, die Wirtschaftsfachzeitschrift für die professionelle Gemeinschaftsgastronomie.
Über das Fotos: Es wurde von den Fotorgrafen des Studio LÊMRICH erstellt und wir finden die Serie zum Thema sehr gut gelungen!